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Fliege ohne Floskeln
SoufisticatedEin Mann, der jahrzehntelang Antworten wie Sakramente verteilte, steht plötzlich vor der eigenen Wahrheit, die sich nicht moderieren lässt. Jürgen Fliege – Deutschlands bekanntester Fernsehpfarrer, geliebt, belächelt, missverstanden – verliert hier alles, was ihn einst geschützt hat: Bühne, Publikum, Rolle. Elf Jahre lang war er der spirituelle Entertainer einer saturierten Republik, ein Mann, der Trost predigte, während er selbst verdurstete. Diesmal schweigt der Gastgeber. Kayvan stellt keine Fragen, er hält nur den Raum – und zwingt den Prediger, sich selbst zuzuhören. Ein Mann, getrennt von seiner gewohnten Rhetorik, fällt hinunter in das, was bleibt, wenn alle Floskeln aufgebraucht sind. Wir erleben kein Interview, sondern ein Geständnis. Eine Beichte. Der Mensch Jürgen Fliege begreift, dass seine Gewissheiten oft auch Tarnung waren. In der Stille flackert ein anderer Fliege auf – entwaffnet, entkleidet, aufrecht in seiner Nacktheit. Ein Porträt, das tröstet und erinnert: Erlösung beginnt dort, wo die Fassade zurückgelassen werden muss. Unterstütze Soufisticated: https://soufisticated.net/unterstuetzen/29 views -
19,53 € gegen den Staat – Ballweg, Stammheim und das Ende der Immunität fürs Querdenken
SoufisticatedNach 44 Prozesstagen, 279 Tagen Einzelhaft in Stuttgart-Stammheim und der ganzen Staatsmacht im Rücken endet das große Lehrstück mit einem Satz, der jedem Justizkabarettisten die Tränen in die Augen treibt: „Freispruch im Namen des Volkes.“ Der Vorwurf: versuchter Betrug an den eigenen Unterstützern – geplatzt. Die Realität: ein Verfahren, das Millionen kostete, um am Ende exakt 19,53 € zu sanktionieren. Nicht mal richtig – denn selbst diese Strafe, eine Mischung aus verspäteter Steuererklärung (11,42 €) und 8,11 € vermeintlich hinterzogener Kleinbeträge, wird nur fällig, falls Michael Ballweg sich künftig danebenbenimmt. Was nach diesem Verfahren kaum zu befürchten ist: Wer 279 Tage in Isolationshaft sitzt, weil er zu laut gegen das System protestiert, wird nicht plötzlich leise – sondern präziser. Der Rechtsstaat hat versucht, ein Exempel zu statuieren – und sich selbst zum Gespött gemacht. Der Mann, den man medienwirksam als „Volksverführer“ und „Schattenkassierer“ präsentieren wollte, verlässt das Landgericht Stuttgart nicht als Held, aber als einer, der den Staat vorgeführt hat. Nicht mit Gewalt. Nicht mit Tricks. Sondern mit Geduld. Ballweg hat ausgehalten, was kein Verfassungsschützer für nötig hielt: ein Jahr fast vollständige Isolation – ohne Urteil, ohne Beweise, ohne Substanz. Was bleibt, ist die Zahl: 19,53 € – zu Lasten der Staatskasse. Und nun? Jetzt geht’s zurück auf die Straße. Dieselbe Justiz, die 2021 jeden Demonstranten als Gefahr behandelte, nickt 2025 die Wiederbewaffnung durch – samt Wehrpflicht, samt Kriegsrhetorik, samt Marschrichtung Ost. Dieselbe Regierung, die Grundrechte auf Maske und Test reduzierte, trainiert heute die Truppe für den Ernstfall. Die Parole hat gewechselt: Aus „Solidarität“ wurde „Kriegstüchtigkeit“. Aus der Impfpflicht die Dienstpflicht. Wer jetzt noch nicht quer denkt, hat das Prinzip nicht verstanden. Ballweg ist zurück – und mit ihm die Frage, ob dieses Land wirklich verteidigt werden muss. Oder ob man es endlich verteidigen sollte: gegen die, die es regieren.80 views 1 comment